Praha 2002 Oder die wilde 13
Von Sabine Isbarn und Mara Dunkel (Stufe 13)
Donnerstag, 26. September 2002
7.27 Uhr Stolberg Hauptbahnhof. Etwa 30 Schüler der Jahrgangsstufe 13 und zwei Lehrer (Herr Zimmermann-
Buhr und Herr Labs) warten auf den Zug Richtung Prag. Neun Tage Stufenfahrt stehen bevor.
Laut und aufgekratzt machen wir uns auf den Weg. Nach etwa 12 Stunden Zugfahrt endlich in Prag
angekommen wurden wir von Herrn Storek, dem Inhaber unserer Pension (Church Pension, eine Einrichtung der
evangelischen Böhmischen Brüder), abgeholt und folgten ihm zu Fuß mit unseren Koffern bepackt in unser
zukünftiges Zuhause (na ja, immerhin für die folgenden 8 Tage).
Nach ausgiebiger Erklärung der Regeln (kein Alkohol auf den Zimmern, nicht rauchen, getrennte Etagen für
Jungs und Mädels) bezogen wir unsere Zimmer um dann zugleich die Stadt unsicher zu machen. Nach dem
gemeinsamen Abendessen zogen wir in kleineren Gruppen los, um die Discos und Kneipen ausfinden zu machen
- und das Fürchten zu lernen. Denn auf unserem Weg durch die Stadt mussten wir feststellen, dass Prags Straßen
nicht gerade zu den sichersten gehörten ("Und draußen vor der großen Stadt stehen die … sich die Füße
platt…"). Das führte dazu, dass die Mädchen ab sofort unter Begleitschutz standen. Jedoch wurde die Nacht
nicht allzu lang, da wir doch alle von der Reise ziemlich geplättet waren.
Freitag, 27. September 2002
Nach einem ausgiebigen Frühstück hatten wir die große Ehre, uns die Stadt von der Franz-Kafka-"Verehrerin"
Jana (Nachname nicht aussprechbar) zeigen zu lassen ("Sooo, jetzt biette hier rechts Franz Kafka…", "Sooo,
jetzt biette hier lienks Geburtshaus von Franz Kafka", "Sooo, jetzt biette hier geradeaus, Büste von Franz
Kafka…"). Nach ausgiebiger Besichtigung verschiedener Kirchen und anderer Bauten und Plätzen (u.a. dem
Wenzelsplatz) gingen wir zusammen Mittagessen. Hierbei ist zu bemerken, dass das Essen wie auch das Bier in
Prag sehr preiswert ist, ein Drei-Gänge-Menü kostete maximal 7 Euro. Zu unserem Bedauern aßen unsere Lehrer
Knoblauchsuppe, was von da an zu einem täglichen Ritual werden sollte. Nach dem Mittagessen machten wir
uns auf den Weg zurück in die Pension. Abends fanden wir dann unsere sofortige Stammdisco "Arena".
Samstag, 28. September 2002
Nach dem Frühstück wurden wir wieder von Frau Franz Kafka (Jana) abgeholt und gingen los, um einen anderen
Teil der Stadt, den Hradschin, zu besichtigen. Historische Schauplätze wie zum Beispiel der Ort des 2. Prager
Fenstersturzes konnten hier "bewundert" werden. Eine weitere Station war die deutsche Botschaft. Hier hielt
Herr Labs einen besonders ausführlichen, aber dennoch interessanten Vortrag über die Bedeutung der Botschaft
zu DDR-Zeiten. So erfuhren wir, dass zahlreiche DDR-Flüchtlinge die Botschaft als Zufluchtsort nutzten, um
von dort aus in die BRD zu gelangen. Anschließend besuchte ein Teil unserer Gruppe ein Spiegelkabinett, in
dem selbst Herr Zimmermann mal die Größe eines Zwerges annahm. Abends entdeckten wir eine Bar á la
"Coyote Ugly", das "Apperitivo", eine Cocktailbar, in der die Barkeeper mit den Flaschen jonglierten und diese
um sich schmissen ohne sie zu zurbrechen. (Tschechen sehen manchmal gar nicht so schlecht aus!)
Sonntag, 29. September 2002
Heute begleitet unsere Franz Kafka-Expertin uns nach Kudna Hora (Kuttenberg). Dort besuchten wir zuerst ein
Bergwerk. Einige tapfere gingen sogar durch einen engen Stollen. Anschließend fuhren wir in einem
klappernden tschechischen Reisebus (vier Räder, ein Lenkrad und Notsitze) ins Gebeinhaus. Hier konnte man
Kerzenleuchter, Wandbeschriftungen und andere Skulpturen aus Knochen bestehend sehen.
Montag, 30. September 2002
FREIER TAG! Frei von Kultur! Frei von Jana und frei von Franz Kafka!
Unser Tagesprogramm: Ausschlafen, lange frühstücken, sonnen auf der Dachterrasse, einkaufen, essen, trinken
(natürlich nur Limo, Cola, Milch und Apfelschorle), abends rausgehen und wieder schlafen.
Dienstag, 1. Oktober 2002
Der heutige Ausflug führte uns nach Theresienstadt. Frei nach dem wohl eher makaberen Motto "Hitler schenkt
den Juden eine Stadt" war Theresienstadt in der NS-Zeit ein riesiges Ghetto für die Juden. Strafgefangene Juden
und andere Staatsfeinde wurden hier in einem Übergangslager untergebracht, von wo aus viele der Gefangenen
nach Auschwitz abtransportiert wurden. Die winzigen Zellen, in denen zahlreiche Menschen untergebracht
wurden, waren erschreckend. Besonders die Tatsache, dass das Lager in seinem Originalzustand belassen wurde,
führte dazu, dass wir alle sehr bedrückt waren. Schließlich hatte das Lager so keinen Museumscharakter und
wirkte sehr real. Neben den Zellen und Arbeitshöfen für die Gefangenen lebten die Offiziere mit ihren Familien
im Wohlstand. Neben einem Swimmingpool besaßen sie auch ein Privatkino. Wir fanden alles sehr interessant,
jedoch war es uns auch unangenehm, als deutsche Reisegruppe durch dieses Lager zu gehen. Zu sprechen haben
wir uns kaum getraut, denn wir schämten uns, dort als Deutsche erkannt zu werden.
Theresienstadt diente auch als Kulisse für Steven Spielbergs "Schindlers Liste". Wir durften dort jedoch nicht
filmen. Der Grund dafür: Unerlaubt drehte ein amerikanisches Filmteam in einer der Zellen vor wenigen
Monaten geschmackloserweise einen Pornofilm.
Mittwoch, 2. Oktober 2002
Heute ging es für alle zur Schneekoppe. Mit der Sesselbahn fuhren wir sehr zum Erschrecken der Leute, die von
Höhenangst geplagt wurden, den Berg ganz hoch (seeehr hoch!). Als besonders aufmerksam erwiesen sich
einige Stufenmitglieder, die die ankommenden Schüler an der Bergspitze mit Schneebällen empfingen. An dieser
Stelle noch mal ein herzlichstes Dankeschön!!! Im anschließenden Abstieg übten sich manche
unfreiwilligerweise im freien Fall, da auf der Schneekoppe bereits Eis lag. Nicht zu vergessen ist die
wundervolle und beeindruckende Aussicht, welche auch für Höhenängstige durchaus sehenswert war.
Donnerstag, 3. Oktober 2002
FREIER TAG! Hier habt ihr Platz, euch was schönes auszudenken!!!
(Hinzuzufügen ist, dass wir selten so wenig bzw. gar nicht geschlafen haben. Dafür im Zug aber umso mehr, was
unseren Lehrern eine erholsame Rückfahrt beschert hatte.)
Freitag, 4. Oktober 2002
SCHNARCH!!! Wieder in Stolberg angekommen, wurde der Bahnhofsboden erst mal mit Küssen empfangen!
Alles in allem hatten wir eine besonders lustige und abwechslungsreiche Fahrt, wofür wir unseres Lehrern
nochmals ein großes Lob aussprechen wollen, da sie uns ein interessantes Programm zusammenstellt und viel
Freiraum für eigene Aktivitäten gelassen haben.
Noch ein weiser Satz für Insider: Dem der eine Oben-Ohne-Bar sucht, dem sei geraten: Nicht verzagen, Labs
und Zimbu fragen!
Goethes Faust 1/2003