Der Tausch eines Apfels hebt das Ego der Goethe-Pennäler

Stolberg    Die ganze letzte Woche lang fehlte die Stufe 12 des Goethe-Gymnasiums. "Sind die Schüler etwa in den Lernstreik getreten?" fragten sich wohl die unteren Jahrgangsstufen. Doch was nach Unterrichtsverweigerung oder Skandal aussah, war in Wirklichkeit eine sehr sinnvolle Sache: Denn es fand ein fünftägiges Berufsbildungsseminar statt.

Am vergangenen Montagmorgen starteten die 61 Gymnasiasten mit zwei Bussen Richtung Köln und erreichten nach zweistündiger Fahrt die Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach. Helga Meurer, die die Seminarleitung hatte, begrüßte die Schüler des "Goethes" herzlich und stellte ihr Team, bestehend aus vier Motivationstrainern vor. Anschließend wurden die Jugendlichen aufgefordert, welche sie in den Themenbereichen "Studiengänge", "Vorstellungsgespräch", "Einstellungstests" und "Studium im Ausland" hatten, aufzuschreiben, um diese in den folgenden Tagen klären zu können. Nach der Einteilung in vier Gruppen konnte die Woche richtig beginnen. Die 17- bis 19-Jährigen erhielten in Gummersbach eine eingehende Berufsberatung durch Fachleute. Wer bis jetzt noch keine Ahnung vom richtigen Beruf hatte, wusste spätestens am dritten Abend Bescheid, an welchen Ort das Studium oder die Ausbildung stattfinden sollte, welche Qualifikationen benötigt werden und welche Kleidung zu welchem Vorstellungsgespräch getragen werden sollte. Mit der Videokamera wurde alles festgehalten und anschließend überlegt: Was muss ich verbessern?

Als abschließendes Projekt am Donnerstagabend wurde im Arbeitskreis "Zivilcourage" eine Fahrt in die City angeboten, in der die Schüler nur mit einem Apfel in ein Geschäft oder auf Leute zu gehen sollten, um diesen gegen etwas Brauchbares zu tauschen. Unter dem Vorwand, die Freundlichkeit der Gummersbacher Verkäufer und Einwohner zu testen, wurde so das Selbstbewusstsein der Schüler auf die Probe gestellt und verbessert.

Ein weiterer Höhepunkt der Berufbildungswoche war das Planspiel "Vorstellungsgespräch", bei dem sich die Schüler wie im richtigen Leben für Berufe wie den des Krankenpflegers, der Reiseverkehrskauffrau oder des Mediengestalters vor einem Auswahlteam bewerben mussten.

Doch nicht nur für die Gewinner dieses Spiels war die Woche in Gummersbach ein großer Erfolg, denn selbst die begleitenden Lehrer Bernhard Zimmermann-Buhr, Thomas Labs sowie die Sozialwissenschaftlerin Hausmann haben durch die Motivationstrainer der Theodor-Heuss-Akademie viel dazugelernt.

Stolberger Zeitung vom 05.09.2001