Bei Knorpelzellen bundesweit spitze
"Interview zum Wochenende" mit Orthopädie-Prof. Dr. Klaus Bläsius
Stolberg.
Er feiert zwei kleine Jubiläen im Jahr 2002:
Professor Dr. Klaus Bläsius vollendet sein 50. Lebensjahr und seit einem
Jahrzehnt ist er Chefarzt der Orthopädie im Bethlehem-Krankenhaus.
Dieter Mätschke führte mit dem Wahl-Gressenicher das "Interview zum
Wochenende".
Das Gesundheitswesen gehört zu den Themen im Wahlkampf.
Wie verfolgt ein Betroffener die Diskussion?
Dr. Bläsius: Mit Gelassenheit. Es sind keine große Auswirkungen zu
erwarten - leider. Das entscheidende Problem der demographischen Entwicklung
ist bis jetzt von niemandem im politischen Raum richtig durchdacht und schon
gar nicht in einen Lösungsvorschlag eingearbeitet worden. Eine Kernfrage
lautet: Wie wollen wir immer mehr ältere Menschen in Krankenhäusern, in
Heimen oder in den privaten vier Wänden versorgen? Im übrigen ist das ganze
Abrechnungssystem im Gesundheitswesen so kompliziert, dass es nicht mehr zu
durchschauen ist - weder von den unmittelbar Betroffenen, schon gar nicht
von Politikern.
Sind wir auf dem Weg zur Zwei- oder gar Drei-Klassen-Medizin?
Dr. Bläsius: Das ist doch ein Schlagwort aus der Politik. Wenn nicht
jede Massage oder jedes Luftsprudelbad bezahlt wird, hat das nichts mit
einer Zwei-Klassen-Medizin zu tun. Die gäbe es, wenn lebensgefährlich
Erkrankte nicht mehr ihre Medizin bekommen würden.
In jüngerer Vergangenheit ging der Abbau von
Krankenhausbetten mit mehr Spezialisierung einher. Wo steht die Orthopädie
des Bethlehem-Krankenhauses?
Dr. Bläsius: Sie ist in der Region das größte Angebot orthopädischer
Leistungen; in einzelnen Bereichen sind wir bundesweit führend oder spielen
im Western der Republik eine große Rolle. Wir sind beispielsweise anerkannte
Spezialisten für Endoprothesen (Kunstgelenke) oder praktizieren die
schwierige Knorpelzelltransplantation; da sind wir bundesweit Spitze.
Wie stark ist Ihr Team?
Dr. Bläsius: Wir sind zehn Ärzte, darunter fünf Fachärzte, mit
entsprechendem Pflegepersonal. Uns stehen bis zu 90 Betten zur Verfügung. Im
Schnitt haben wir jährlich gut 1700 stationäre Patienten; hinzu kommen etwa
700 ambulante. Dass letztere Zahl relativ gering ist, liegt daran, dass wir
unsere Kapazitäten vorrangig für die Bereiche vorhalten, wo wir
spezialisiert sind. Wir empfinden uns als Team und streben ein hohes Niveau
an.
Den guten Ruf hat die Abteilung schon seit Jahrzehnten. Wie kam das?
Dr. Bläsius: Unter Chefarzt Peter Weiß ist die Sportmedizin
überregional bekannt geworden; Prof. Dörr hat insbesondere die
Kinderorthopädie als weitere Spezifikation auf einen hohen Stand gebracht
und damit auch auf diesem Gebiet die Spitzenstellung des Hauses in der
Kindermedizin untermauert. Mich hat man bewusst als Endoprothetiker geholt.
Dabei geht es um die Einpflanzung von künstlichen Gelenken oder
Knochenersatz in den Körper. Die neue Methode der Knorpelzelltransplantation
wird bei uns immerhin schon seit sechs Jahren praktiziert.
Erfordert das auch besonderes Gerät?
Dr. Bläsius: Dank unserer anerkannten Position erhalten wir die
notwendige Unterstützung, wenn Anschaffungen erforderlich sind. Wir verfügen
beispielsweise über das einzige stationäre "Oskar System" in der
Bundesrepublik. Es hilft beim Austausch von Hüftprothesen. Das Gerät kann
den Zement erweichen, in dem die Prothese steckt, so dass der Wechsel
schonender und sicherer zu bewerkstelligen ist.
Bei so viel Spezialität - wäre eine Erweiterung der Abteilung möglich?
Dr. Bläsius: Grundsätzlich Ja, denn es gibt größere Orthopädien als
uns. Mehr Betten würden aber auch bedeuten ein größeres Team, das operiert
und versorgt. Unsere Zahlen sind jedenfalls sehr erfreulich. Trotz
Gesundheitsreform hat die Abteilung eine großartige Entwicklung genommen.
Wie lebt es sich in der Kupferstadt?
Dr. Bläsius: Meine Familie und ich fühlen uns sehr wohl hier.
Beruflich gab es die Möglichkeit, sich zu entwickeln und Neues anzugehen.
Eine positive Entwicklung sehe ich in der Stadt, obwohl Oberstolberg
natürlich noch einige größere attraktive Geschäfte gebrauchen könnte. Falsch
fände ich, wenn Stolberg nur auf die Tourismuskarte setzen würde; uns täte
innovative Industrie und Gewerbe gut, vor allem ein Autobahnanschluss.
Aachener Nachrichten Online, 13.09.2002