«Was die USA machen, ist ein Spiel mit dem Feuer!»
Stolberg. Was die rund 120 Schüler vom Europa-Abgeordneten Martin Schulz
(SPD) am Mittwochmorgen im Pädagogischen Zentrum des Goethe-Gymnasiums
hörten, war brandaktuell und stimmte sie nicht unbedingt fröhlich.
Martin Schulz war auf Einladung der Klasse 9 e und Lehrer Sascha Spilker auf
einen Abstecher in die Kupferstadt gekommen, um sich den Fragen der Pennäler
zu stellen.
Am Ende einer Unterrichtsreihe zu Beginn der 9. Klasse im
Geschichtsunterricht, die sich mit dem Thema «Europa» beschäftigte, standen
unter anderem auch die Aspekte «Europäische Union» und «Institutionen der
Europäischen Union» auf dem Lehrplan.
Sowohl Martin Schulz als auch der CDU-Abgeordnete Armin Laschet reagierten
auf Anfragen der Schüler und erklärten sich bereit, «Licht in ihre
europäische Arbeit zu bringen».
Armin Laschet wird es nicht leicht haben, die uneingeschränkte Sympathie der
Schüler zu gewinnen, wenn er am Freitagmorgen im «Goethe» erscheint. Martin
Schulz hatte für seine Partei den Vorteil des ersten Aufschlags und nutzte
ihn auch.
«Sympathisch, verständlich, direkt» - so fiel das Fazit über den
europäischen Sozialdemokraten aus. Schulz sprach in der Tat Klartext und
nahm auch kein Blatt vor den Mund, als das Thema nach allgemeinen Fragen,
wie zur Motivation, überhaupt in die internationale Politik einzusteigen,
oder zur Meinung seiner Familie, die in Würselen lebt, während das Oberhaupt
sich mit europäischer Politik in Brüssel beschäftigt, unweigerlich
tagespolitisch wurde und ein Gebiet beschritt, das die Jugendlichen ganz
offensichtlich sehr beschäftigt.
Die Schüler zeigten sich gut vorbereitet und «torpedierten» den ehemaligen
Würselener Bürgermeister mit Fragen nach dessen Meinung zu einem Angriff
Amerikas auf den Irak und die Folgen für Europa und ganz speziell für
Deutschland.
Schulz sieht in dem amerikanischen Alleingang eine «eiskalte
Kosten-Nutzen-Kalkulation der USA», die sich nur wenig um die europäischen
Belange schere. «Die USA gehen aus rein ökonomischem Interesse so massiv
gegen den Irak vor. Es geht lange schon nicht mehr um die Gefahr von
Massenvernichtungswaffen, sondern um einen Regierungswechsel, den Bush mit
aller Gewalt erzwingen will», ist sich Schulz sicher.
Wie sonst sei es zu erklären, dass die Haltung der Amerikaner gegenüber
Nordkorea so gemäßigt ausfalle, obgleich dort die Regierung offen mit der
Produktion von Atomwaffen drohe und damit die Welt erpresse. «Was die USA
machen, ist ein Spiel mit dem Feuer, für den Nahen Osten, für Europa und
auch für Deutschland.»
Osterweiterung, das Defizitverfahren gegen Deutschland, Vereinheitlichung
der europäischen Schulsysteme, die Flüchtlingsproblematik oder Tipps für
eine «europäische» Karriere - Schulz stand den Schülern Rede und Antwort und
kam gut an bei den 14- bis 15-Jährigen.
So auch bei den Schülerinnen Jana Eßer, Carmen Grahl und Katja Drummen. Auch
sie beschäftigt in erster Linie die aktuelle politische Spannungen zwischen
den USA und dem Irak: «Es war schon beängstigend, wie Martin Schulz die
Situation am Golf einschätzt. Schließlich hat er als Euro-Politiker mehr
Einblicke als wir 'normalen' Bürger.»
Aber eine besondere Gefährdung für Stolberg oder die Region sehen die
15-jährigen Mädchen der 9 d nicht.
Jetzt sind sie erst einmal gespannt, wie der Abgeordnete der CDU sich
«verkauft».
Aachener Zeitung Online, 22.01.2003