Ohne Sponsoring geht einfach nichts mehr
Schulen, Kindergärten und Vereine aus Stolberg suchen neue Wege der Finanzierung
Stolberg. Der Kindergarten Im Tomborn ist keine Ausnahme:
Immer mehr öffentliche Einrichtungen gehen den Weg des Sponsoring.
"Wir sind da mittlerweile schon drauf angewiesen", sagt auch Christel
Hammers vom Kindergarten am Höhenkreuzweg. "Grundsätzlich ist die
Ausstattung von Schulen und Kindergärten Aufgabe des Landes und der
Kommunen", sagt Stefanie Luczak vom Goethe-Gymnasium. "Trotzdem
wünschen wir uns an der ein oder anderen Stelle eine bessere
Ausstattung und treten dann ab und an auch an bestimmte Stellen
heran, wenn es um Neuanschaffungen geht", sagt die Schulleiterin.
"Aber. es geht nicht, das wir als Schulen zu Wirtschaftsunternehmen
mutieren, das kann einfach nicht Sinn der Sache sein." Man müsse
immer ganz genau abwägen, was geht und was nicht, grundsätzlich
sollten Schulen ein werbefreier Raum bleiben. Wenn es beispielsweise
um die Ausstattung mit Computern, Tischen oder Kopierern gehe,
könne man durchaus auf ausgemusterte Geräte von Stolberger Firmen
zurückgreifen. Ähnlich sieht das Kerstin Beeck vom Kindergarten in
Zweifall: "Für ein neues Außenspielgerät im Wert von 3000 Euro kann
die Stadt nicht aufkommen, warum dann nicht auf Sponsoren
zurückgreifen?", fragt die Leiterin, die jetzt zum ersten Mal den
Weg des Sponsoring gegangen ist. Nur eins sei nicht: Werbeschilder
haben im Kindergarten keinen Platz.
"Wir machen bisher noch nichts in der Richtung, aber ich denke, wir
werden früher oder später einsteigen", sagt Peter Groten von der
Realschule an der Walther-Dobbelmann-Straße. Der stellvertretende
Leiter betont aber: "Auf Dauer werden wir um Sponsoring nicht
herumkommen." Erste Überlegungen seien bereits in der Schulkonferenz
getroffen worden. "Vor allem über das Stadtmarketing wollen wir
die Kooperation von Schulen und Firmen vorantreiben", so Groten.
Im Moment noch in kleinerem Maße, aber in Zukunft sicher verstärkt,
greift auch das Helene-Weber-Haus zu neuen Mitteln. "Auch wir sind
von den Kürzungen der öffentlichen Hand betroffen und überlegen uns
derzeit neue Formen der Finanzierung, so Alice Bongard, die
stellvertretende Geschäftsführerin.
Auf der anderen Seite stehen Firmen und Geschäftsleute, die in den
vergangenen Jahren immer stärker als Geldgeber eingefordert werden.
"Wir haben im Grunde täglich Anfragen von Vereinen", sagt Heiner
Flink. "Wir unterstützen viel und gerne, aber bei so vielen Anfragen
muss man natürlich darauf achten, dass man den Kuchen nicht so sehr
zerschneidet, dass am Ende keiner wirklich etwas davon hat", so der
Sportartikelhändler. "Wir müssen einfach Schwerpunkte setzen, und
deshalb unterstützen wir in erster Linie unsere Kunden, die
Sportvereine, mit Banden- und Trikotwerbung." In konjunkturell
schlechten Zeiten kämen die Amateurvereine einfach gar nicht ohne
Sponsoring zurecht. Das gilt auch für den Stadtsportbund: "Ohne
Sponsoren kämen wir nicht so gut zurecht", sagt Günther Severens.
Aber auch soziale Projekte, die der ganzen Stadt zugute kommen,
würden unterstützt, so zum Beispiel die Ferienspiele. Ähnlich sieht
das Wolfgang Gottschalk von der Sparkasse Stolberg: "Bei uns steht
die Jugend an vorderster Stelle, aber auch in anderen sozialen
Bereichen und beim Brauchtum sind wir stark engagiert, deshalb haben
wir auch zwei Stiftungen gegründet." Das Motto sei "Standort hier"
und das bedeute, mittendrin zu sein und die Menschen in der Stadt
zu unterstützen. Und: "Sponsoring ist ein Geben und Nehmen", das
dürfe man natürlich nicht vergessen. Autohändler Thomas Nierle
unterstützt ebenfalls am liebsten dort, wo auch seine Kunden zu
Hanse sind: "Wir fördern die Sportvereine in unserer Umgebung", so
Nierle. Ähnlich hält es Versicherungskaufmann Hermann-Josef Jussen,
er investiert vor allem in Bandenwerbung.
Stark engagiert im Bereich Schulen ist das Möbelhaus Kaesmacher:
"Da sind schon mal Computertische oder eine Küche drin", sagt Dieter
Kaesmacher, aber auch über Preisnachlässe könne man ab und an reden,
wenn es der Allgemeinheit zugute kommt, und das sei bei Schulen ja
der Fall. Markus Genter, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit
der Volksbank Stolberg, betrachtet ebenfalls die Förderung von
Schulen und Kindergärten als die wichtigste: "Wir wollen doch, dass
unsere Kinder bei Pisa wieder besser abschneiden." Statt kleinerer
Spenden versucht die Bank, die Mittel zu bündeln und größere Sachen,
zum Beispiel einen neuen Zaun oder ein Klettergerät, mitzufinanzieren.
"Wir überlegen ganz genau, was zu uns passt, wenn wir größere
Sponsoring-Anfragen kriegen", sagt Wolfgang Fischer von der EWV
Energie- und Wasserversorgung. Natürlich stünden Vereine und
Veranstaltungen aus Stolberg, so zum Beispiel der Musiksommer, an
vorderster Stelle.
Geradezu überlaufen mit Anfragen wird die Firma Prym. "Aber wir sind
recht zurückhaltend und unterstützen vor allem dort, wo es den
Menschen nachhaltig hilft und wo es wirklich nötig ist", sagt
Geschäftsführer Michael Prym. Das seien weniger Freizeitvereine,
sondern vielmehr Einrichtungen wie zum Beispiel Kindergärten,
die ausgestattet werden müssen. Prym: "Der Sponsoring-Schwerpunkt
liegt für uns ganz klar im sozialen Bereich."
Aachener Zeitung, 25.07.2003